• Teilfertigstellung 2021

    Die Neue Spinnerei ist Teil des historischen ERBA Geländes im Westen der Stadt Wangen im Allgäu und soll das Herzstück der Landesgartenschau 2024 bilden.

    Der denkmalgeschützte Bestand besteht aus dem zweigeschossigen Südbau mit zwei Spinnsälen aus dem Jahr 1900, dem daran angrenzenden Nordbau von 1908 mit drei Geschossen, sowie dem 1957 hinzugefügten Aufbau auf dem Südbau.

    Prägend für den Eindruck des Gebäudes ist die für die Bauzeit um 1900 typische Konstruktion aus Stahlstützen und –trägern mit dazwischen spannenden Kappendecken, sowie die großflächigen Sprossenfenster mit gebogenem Sturz, die eine großzügige natürliche Belichtung der Spinnsäle ermöglicht haben. Durch einen rücksichtsvollen Umgang mit dem Bestand, der Gebäudestruktur und den gestaltprägenden Elemente kann der Charakter der Neuen Spinnerei erhalten werden.

    Die Erschließung des Gebäudes erfolgt wie bisher über die beiden bestehenden Treppenhäuser Ost und West und wird durch ein neues Treppenhaus im Süden ergänzt. Die bestehenden Treppenhäuser bleiben in Raum und Konstruktion erhalten. Die Erweiterung um ein Geschoss erfolgt in beiden Treppenhäusern über eine Stahltreppe, die das Konstruktionsprinzip der bestehenden Betontreppen weiterführt, sich aber durch die Materialität vom Bestand abhebt. Die Verbindung der drei Treppenhäuser bildet die Grundstruktur für die Erschließung im Gebäude und definiert die Aufteilung der großen Spinnsäle in kleinere Einheiten.

    In die bestehende Gebäudehülle werden im 2. Obergeschoss drei zweigeschossige Baukörper eingesetzt, die einer Wohnnutzung zur Verfügung stehen. Die 23 ein- und zweigeschossigen Wohnungen werden über Laubengänge im T-förmigen Innenhof erschlossen und beidseitig belichtet. Der Innenhof fördert die soziale Interaktion der Bewohner und bietet Aufenthaltsqualitäten.

    Die Aufstockung des Gebäudes erfolgt in Holzbauweise in Form von Holzständerwänden und Vollholzdecken bzw. Holzbalkendecken. Durch Wahl einer leichten Konstruktion und Aufnahme des Achsrasters können die Lasten in die bestehenden Stützen der unteren Geschosse geleitet werden und diese in ihrer feingliedrigen Gestalt erhalten werden. Der neue Aufbau tritt im Dachgeschoss gegenüber der historischen Außenwand einen Schritt zurück, um die bestehende Kontur des Denkmals und seine bisherige Außenwirkung nicht zu verändern. Die moderne, wärmegedämmte Alu-Glasfassade sitzt hinter den bestehenden Stützen, Trägern und Attiken in zweiter Reihe und lässt dem denkmalgeschützten Bestand optisch weiter den Vortritt.

    Für einen behutsamen Umgang mit den Fassadenstrukturen aus Lisenen, Gesimsen und Versprüngen an der Außenhülle wird die bestehende Außenwand für eine bauphysikalische Ertüchtigung mit einer dünnen wärmedämmenden Putzschicht versehen. Vordächer, Lüftungsrohre etc werden in Stahl und Glas ausgeführt, um sich vom Bestand abzusetzen.

    Im Innenraum soll vor allem in den allgemeinen Erschließungsbereichen der industrielle Charakter durch offen geführte Leitungen, die sichtbare Deckenkonstruktion und Fußböden aus Industrieestrich unterstrichen werden. Alte Installationen und Steuerungskästen werden optisch erhalten und hervorgehoben.

    Ein Verbindungssteg vom Treppenhaus Ost zum neuen Parkhaus soll die Erschließung des Quartiers vereinfachen und kurze Wege für Besucher und Bewohner schaffen. Das stählerne Fachwerk des Stegs führt über das Pförtnergebäude und fügt sich in das industrielle Erscheinungsbild des Areals.